Zusammenfassung der Kriegsereignisse

im Raum Merode

von Albert Trostorf

Die nachfolgenden Aufzeichnungen basieren auf meinen in den letzten 17 Jahren getätigten Nachforschungen über die Kriegsereignisse im Raum Merode.

Bei Ausbruch des zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 spürte man unter der Meroder Bevölkerung nichts von der Begeisterung, welche es 1914 bei Ausbruch des 1. Weltkrieges gegeben hatte. Zu frisch noch waren die Erinnerungen an diesen Krieg, in dem 58 junge Männer aus unserer Pfarrgemeinde ihr Leben lassen mussten.

Mit dem Kriegsbeginn gegen Polen wurden die Landwirte verpflichtet, ihre Pferde abzugeben. Entsprechende Entschädigungen wurden von den Behörden dafür gezahlt. Kranke, ältere und tragende Tiere brauchten nicht abgegeben zu werden. Nach der Kriegserklärung von England und Frankreich an das Deutsche Reich, am 3. September 1939, wurden alsbald die älteren Jahrgänge, überwiegend die Veteranen des 1. Weltkrieges, zur Wehrmacht eingezogen, um die bis dahin ungesicherte Westgrenze und den noch nicht ganz fertig gestellten Westwall zu besetzen, da man einen Angriff der Franzosen und Engländer befürchtete. Die Soldaten aus dem Raum Merode und Schlich wurden größtenteils entlang der Deutsch-Belgischen Grenze zwischen Monschau und Losheim eingesetzt. Ein Angriff der westl. Alliierten erfolgte allerdings nicht und so wurden diese Soldaten unmittelbar nach Beendigung des Polenfeldzuges wieder aus der Wehrmacht entlassen. Die letzten kehrten im Dezember 1939 heim. Während des strengen Winters 1939/40, der bis in den Mai hinein anhielt, erfolgten im Raum Merode und Schlich abwechselnde Einquartierungen von deutschen Soldaten, aus Ostpreußen, Oldenburg und aus dem Raum Kleve. Das gesamte Gebiet entlang der deutschen Westgrenze wurde nun zum Bereitstellungsraum für den am 10. Mai 1940 beginnenden Westfeldzug. Für die Bevölkerung waren diese Einquartierungen mit allerlei Entbehrungen und Strapazen verbunden, denn in den Häusern wo Platz genug war, mussten Soldaten aufgenommen werden. Für die damalige Dorfjugend waren diese Ereignisse ein neues Abenteuer, denn endlich war mal etwas los in dem sonst so ruhigen Merode. Am 10. Mai 1940 rückten die letzten dt. Soldaten aus Merode ab. Der Westfeldzug hatte begonnen. Die neutralen Staaten Holland, Belgien und Luxemburg wurden ohne Kriegserklärung in die Westoffensive mit einbezogen. Unaufhörlich rollten die Fahrzeugkolonnen über die Reichsstraße 264 in Richtung Westen. Militärzüge transportierten Nachschub und brachten Verwundete zurück. Flugzeuge flogen tagsüber hin und her. Gespannt verfolgte die Bevölkerung das Geschehen an den Rundfunkgeräten und in den Zeitungen. Nur die älteren Leute, welche schon einmal einen Krieg miterlebt hatten, fanden die Massen von Kriegsmaschinen verbrecherisch und schon bald zeigte sich die Kehrseite der Medaille, als die Nachrichten von den ersten Gefallenen eintrafen. Sondermeldungen über gewonnene Schlachten oder besondere Ereignisse wurden im Rundfunk mit Fanfarenmusik angekündigt, Niederlagen wurden so verschönert wiedergegeben, als wären sie unumgänglich gewesen. Der Westfeldzug war nach sechs Wochen siegreich beendet und auf Anordnung der Partei mussten die Häuser eine Woche lang beflaggt werden. So allmählich kehrte wieder Ruhe ein. Nur die Einflüge der britischen Bomberverbände raubte so manchem Meroder Bürger den Schlaf. Ziel dieser Bomber waren in den ersten Kriegsjahren die westdeutschen Großstädte Köln, Düsseldorf, Bonn, Wuppertal und das Ruhrgebiet. Mit Entsetzen verfolgte man Ende Mai 1942 in einer wunderschönen Vollmondnacht den ersten Angriff mit über 1000 Bombern auf Köln. Da es vor allem in der Landwirtschaft an männlichen Arbeitskräften fehlte, setzte man hierfür polnische Kriegsgefangene ein. Später kamen auch noch Ukrainer-Mädchen hinzu. Aber hier herrschten strenge Vorschriften. So durften diese Personen nicht mit am gedeckten Mittagstisch sitzen oder auf Pferdewagen oder Fahrrädern fahren. Sie mussten separat, meistens in Nebenräumen, ihre Mahlzeiten zu sich nehmen und zu Fuß zur Feldbestellung gehen. Andererseits muss aber auch erwähnt werden, dass jeden Sonntagnachmittag von Kaplan Heinrich Prinz eine hl. Messe für die polnischen Kriegsgefangenen in der Schlosskapelle gelesen wurde. Mit Beginn der alliierten Invasion in der Normandie, am 6. Juni 1944, setzte ab Ende August 1944 der Rückzug der deutschen Heere aus Frankreich und Belgien ein. Ãœber die Reichsstraße 264 zog sich die geschlagene dt. Wehrmacht in Richtung Rhein zurück. Es erfolgten wiederum Einquartierungen von mehr oder weniger demoralisierten deutschen Soldaten. Etwa seit Mitte August 1944 hielt sich im Schloss Merode ein deutscher Leutnant von einer Flakeinheit auf. Seine Aufgabe bestand darin, jene Soldaten, welche ursprünglich einmal der Kriegsmarine oder der Luftwaffe angehört hatten, zu Infanteristen auszubilden. Die Ausbildung, welche ziemlich praxisnah durchgeführt wurde, fand größtenteils im Raum Merode und Schlich statt. Der erwähnte Leutnant sollte im November 1944 am Schloss Merode nochmals eine bedeutende Rolle spielen. Mit dem Näherkommen der Front setzte auch verstärkt die Tieffliegertätigkeit ein. Diese Flugzeuge, auch “Jabos” genannt, griffen vor allem Züge, Fahrzeugkolonnen, Fuhrwerke und Soldaten, gar einzelne Personen und die auf den Felde arbeitenden Landwirte an. Am 12. September 1944 hatten die ersten amerikanischen Einheiten bei Roetgen, südlich von Aachen, die deutsche Grenze überschritten und innerhalb weniger Tage stieß eine Kampfgruppe der 9th US Infantry Division und der 3rd US Panzerdivision durch den sogenannten “Stolberg Korridor” bis nach Schevenhütte vor. Zu diesem Zeitpunkt befand sich in diesem Raum keine geschlossene deutsche Einheit mehr, und für die Amerikaner wäre es ein Kinderspiel gewesen, auf Düren oder gar auf Köln vorzustoßen, aber infolge von Nachschubproblemen und des Beginns der britisch-amerikanischen Offensive bei Arnheim und Nimwegen kam der amerikanische Vormarsch erstmals zum Erliegen. Weitere Gründe dafür waren, dass die Alliierten eine Sprengung der Urft- und Rurtalsperre befürchteten, die sich noch in deutscher Hand befanden und die das gesamte Rurtal überflutet hätten. Somit konzentrierten sich die nächsten Schritte der Amerikaner zunächst auf die Einnahme der Urft- und Rurtalsperre sowie die Einnahme der Stadt Aachen, welche am 21. Oktober 1944 endgültig erobert werden konnte. Deutscherseits wurde nun die aus dem Raum Danzig kommende 12. Infanteriedivision unter dem Befehl von Oberst Engel an die Westfront verlegt, um das “Loch südlich von Aachen” zu schließen. Die 12. Infanteriedivision konnte mit ihren Regimentern 27, 48 und 89 den amerikanischen Einbruch im “Stolberg Korridor” auf der Linie zwischen Schevenhütte und Eilendorf abriegeln und den angreifenden amerikanischen Verbänden bis zum 16. November 1944 hinhaltenden Widerstand leisten. Im Raum Merode und Schlich befanden sich zu jener Zeit rückwärtige Stellungen und Stäbe des Artillerieregiments 12 der 12. Infanteriedivision, die später in 12. Volksgrenadierdivision umbenannt wurde. Am 28. September 1944 gab es die ersten Todesopfer unter der Zivilbevölkerung. Sechs Jungen aus Schlich und Merode waren in einem Lager der Hitlerjugend bei Nörvenich einquartiert. Dieses Lager wurde von “Jabos” angegriffen und bombardiert. Dabei fanden folgende Jungen aus Merode und Schlich den Tod: Karl Gast aus Schlich 15 Jahre, Josef Jordans aus Schlich 14 Jahre, Hermann Kurth aus Merode 15 Jahre, Peter Kurth aus Merode 16 Jahre, Heinrich Stüttgen aus Schlich 15 Jahre, Edmund Thiemonds aus Merode 16 Jahre. Einige weitere Jungen aus Merode und Schlich wurden bei diesem Angriff verwundet. Unter dem Brausen von Tieffliegern wurden die Toten wenige Tage später auf dem Friedhof in D’horn beerdigt. Im September und Oktober 1944 fanden schwere Kämpfe im Raum Stolberg und im Hürtgenwald bei Lammersdorf und Raffelsbrand statt. Abgekämpfte Soldaten kamen nach Merode und Schlich in Ruhestellung. Auf Schwarzenbroich und in der alten Schlicher Vikarie befanden sich Truppenverbandsplätze. Von hier aus wurden die schwerverwundeten Soldaten den Lazaretten zugeführt. Am Forsthaus in Schlich befand sich u. a. eine Reparaturwerkstätte der 9. (Wiener) Panzerdivision. Diese Division, welche zu einer der bekanntesten Divisionen der Wehrmacht zählte, bestand größtenteils aus Österreichern, aber auch Soldaten aus der hiesigen Gegend haben dieser Einheit angehört. Von Merode und Schlich aus fuhren diese Soldaten zu ihren Einsätzen bei Stolberg, Hastenrath, Werth und Mausbach. Ende September 1944 erfolgte der erste Artilleriebeschuss auf Merode, welche u. a. im Schlosspark und am westlichen und südlichen Ortsrand von Merode einschlugen. Hierbei entstand geringer Flur- und Gebäudeschaden. Das amerikanische Störfeuer hielt bis zum 16. November 1944 an. Die amerikanischen Fernkampfgeschütze konzentrierten sich vor allem auf wichtige Verkehrsknotenpunkte diesseits der Rur. Solche Ziele waren vor allem die Straßenkreuzung an der Kirche in Langerwehe, die Kreuzung bei Gut Rothaus und die westlichen und südlichen Ausfallstraßen von Düren. Am 16. November 1944 starteten die Amerikaner den Großangriff gegen die Rur. Diese Schlacht, von den Alliierten “Operation Queen” und von den Deutschen “3. Aachenschlacht” genannt, war eine kombinierter Luft- und Bodenangriff auf der Linie Geilenkirchen – Hürtgen. Noch in den Vormittagsstunden waren einige Meroder Landwirte zur Feldarbeit ausgezogen und wurden hier kurz nach 11.00 Uhr vom Luftangriff überrascht, welche in Merode, Schlich, D’horn und Obergeich über 50 Tote unter der Zivilbevölkerung und eine nicht bestätigte Anzahl an Gefallenen unter den anwesenden Soldaten und Fremdarbeitern forderte. Bei diesem und späteren Angriffen büßten in Merode folgende Personen ihr Leben ein: Balduin, Paul Bartz, Therese Müller, Elisabeth Refisch, Johann Balduin, Sibille Fußberger, Josef Müller, Katharina Wettstein, Peter Balduin, Maria Kaiser, Klara Offermann, Johann Balduin, Anna Linden, Maria Poschen, Gottfried. Große Teile der genannten Orte waren zerstört oder verbrannt. Auch das Schloss Merode erhielt an diesem Tag den ersten Bombentreffer, der allerdings nur geringen Schaden anrichtete. Der in den Diensten des Fürsten von Merode stehende Förster Johann Refisch wurde auf dem Weg von Merode zu seiner Wohnung im Forsthaus Jüngersdorf von einer Bombe getötet. Am Nachmittag dieses Tages erfolgte die vollständige Zerstörung der Städte Düren und Jülich. Allein in Düren kamen bei diesem Angriff mehr als 3000 Zivilisten und Soldaten ums Leben. Darunter waren auch Bewohner aus Schlich und Merode, welche sich zum Einkaufen in Düren aufhielten oder dort einer Beschäftigung nachgingen. Der vorangegangene Luftangriff und der nun nicht mehr aufhörende Artilleriebeschuss waren der Beginn einer plan- und ziellosen Flucht der Zivilbevölkerung. Meistens flohen diese Menschen per Fahrrad oder zu Fuß zum Bahnhof in Buir. Von dort aus gingen Züge in die Evakuierungsorte nach Nord- und Mitteldeutschland. Einige kamen auch nach Bayern. Die Zurückgebliebenen suchten nun Schutz im Keller von Schloss Merode, welcher der Zivilbevölkerung zur Verfügung gestellt worden war. Vor allem ältere und kranke Menschen sowie Frauen und Kinder fanden hier Unterkunft. Hier erfolgte auch die Verpflegung. Die Landwirte blieben vorerst auf ihren Höfen, denn das Vieh musste, soweit es nicht abgegeben war, versorgt werden. Man vermied es, tagsüber das Herdfeuer anzumachen, denn die Rauchentwicklung am Tage hätte sofort zu Artilleriebeschuss und Tieffliegerangriffen geführt, denn der Feind vermutete dort, wo Rauch war Soldaten. Man ernährte sich überwiegend von eingemachten Früchten oder anderen Kaltspeisen. Trinkwasser schöpfte man aus Brunnen oder Bächen. Leute, die keinen Brunnen besaßen, holten das Trinkwasser unter großen Gefahren aus dem Brunnen am Schlosshof. Oft kehrten sie mit leeren Eimern und Kannen zurück, da man für den permanenten Beschuss Deckung suchen musste. Ab dem 16. November 1944 wurde die aus Dänemark kommende 47. Volksgrenadierdivision in die Front westlich Düren eingeschoben. Im Bereich Merode kam das Grenadierregiment 115 unter dem Befehl von Oberstleutnant Inhofer zum Einsatz. Der Regimentsgefechtsstand befand sich in der Meroder Vikarie. Die Soldaten des Grenadierregiments 115 besetzten die Stellungen unweit der Laufenburg, sowie den “Merode-Gey Riegel” oder auch “Roonstellung” genannt. Die Ausrüstung dieser Einheit war weniger als ausreichend, denn infolge der alliierten Luftherrschaft hatte man fast alles schwere Gerät und Fahrzeuge verloren. Dennoch gelang es dem Grenadierregiment 115, den Vormarsch des 26th Infantry der 1st US Infantry Division vorerst aufzuhalten. Das Wetter im November 1944 war überwiegend regnerisch und nasskalt und es ließ den Aufenthalt für die Soldaten im Freien zur regelrechten Qual werden. Die Straßen und Wege waren infolge des schlechten Wetters aufgeweicht, von Granaten und Bomben aufgerissen und von schweren Fahrzeugen zerfahren und wurden dadurch unpassierbar. Der 17.11.1944 sollte zum Schicksalstag von Schloss Merode werden. Seit den frühen Vormittagsstunden befanden sich Teile der im Hürtgenwald eingesetzten 116. Panzerdivision, auch Windhundedivision genannt, auf dem Weg nach Mönchengladbach in eine Ruhestellung. Eine dieser Kolonnen nahm den Weg über Merode. Kurz vor Mittag dieses Tages erschienen plötzlich mehrere amerikanische Jagdbomber der 366th Staffel und griffen die durch Merode fahrende Kolonne mit Bordwaffen an. Dabei gelang es dem Flakzug dieser Einheit, zwei der angreifenden Flugzeuge abzuschießen. Ein weiteres Flugzeug wurde von dem auf Schloss Merode anwesenden Leutnant der Flak mit einem MG 42 von der Schlossbrücke aus abgeschossen. Für dieses Ereignis gibt es noch zahlreiche Zeitzeugen. Ein Flugzeug, das von der Flak abgeschossen wurde, stürzte in den Meroder Wald und das von dem Leutnant abgeschossene Flugzeug auf das Wohnhaus und die Scheune der Familie Schieren am Hahndorn ab. Beide Piloten kamen ums Leben. Die verbliebenen Flugzeuge wurden nach diesen Abschüssen auf das Schloss Merode aufmerksam und griffen es nun mit Bomben an. Dabei erhielt der Kapellenturm einen Volltreffer und fiel in sich zusammen. Nur die Turmspitze blieb stehen, stürzte später aber auch ein. Die Trümmer des Kapellenturms verschütteten die in der Schlosskapelle aufgebahrten Toten des Vortags, darunter auch einige der o. a. Personen. Diese Toten wurden erst einige Jahre später freigelegt und in D’horn beerdigt. Ein auf dem Turm befindlicher Artilleriebeobachter wurde durch den Luftdruck der detonierenden Bombe in eine angrenzende Wiese geschleudert und blieb wie durch ein Wunder unverletzt. Der bereits erwähnte Leutnant soll einige Tage später bei den Kämpfen zwischen Merode und der Laufenburg gefallen sein. Nach dem 16. November 1944 stieß das 26th Infantry der 1st US Infantry Division von Schevenhütte aus auf die Laufenburg und in Richtung Merode vor. Um den 19. November 1944 haben schwere Kämpfe beim Franzosenkreuz stattgefunden (so steht es in den amerikanischen Kriegstagebüchern) und einen Tag später war die Laufenburg Schauplatz erbitterter Kämpfe. Deutsche Soldaten, welche sich auf der Burg aufhielten, fügten den Amerikanern erhebliche Verluste zu. Der Bewohner der Burg, der sich mit seiner Familie ebenfalls noch auf der Burg aufhielt, verschanzte sich im Kuhstall. Schließlich gelang es den Amerikanern, die Burg einzukreisen und durch Panzerfeuer in Brand zu schießen. Letztendlich gaben die deutschen Verteidiger am 21. November 1944 auf und wurden in die Gefangenschaft geführt. Bis zum 26. November 1944 hatten die Amerikaner den Höhenrücken entlang des Erbsweges westlich Merode erreicht und griffen von dieser Position aus am 27. November 1944 den Ort Jüngersdorf an. An diesem Tag, den 26. November 1944, trafen auch die ersten Teile der aus Holland kommenden 3. Fallschirmjägerdivision in Merode ein. Teile des Fallschirmjägerregiments 5 unter dem Befehl von Oberstleutnant Becker rückten zur Ablösung des Grenadierregiment 115 in die Front auf der Linie zwischen Langerwehe und Merode ein. Das I. Bataillon, geführt von Hauptmann Schulze, bezog seinen Gefechtsstand im Haus Schmitz-Schunken, wo sich später auch ein Verbandsplatz befand. Hauptmann Siegfried Platz, der Führer des II. Bataillons, nahm seinen Gefechtsstand im Keller von Schloss Merode ein. Die zurückgebliebene Bevölkerung wartete sehnsüchtig auf das Vorrücken der Amerikaner oder, dass die anwesenden Fallschirmjäger den Feind einige Kilometer zurückdrängen konnten, aber nichts von beidem traf ein. Einige wenige Zivilisten verließen den Ort noch am Abend des 28. November 1944, andere, die keine Möglichkeit hatten, fortzukommen, harrten weiterhin in den Kellern aus. Am Abend des 28. November 1944 hatten die Amerikaner die Waldgrenze bei Merode erreicht und richteten im Forsthaus Merode einen vorgeschobenen Beobachtungsstand ein. Der 29. November 1944 sollte zum Debakel für das 26th Infantry der 1st US Infantry Division werden. Gemeinsam mit der Kompanie C des 745th Panzer Bataillons, der Kompanie A des 634th Panzerjäger Bataillon und der Kompanie B des 87th Granatwerfer Bataillon griff das II. Bataillon des 26th Infantry die Orte Merode und Schlich an. Der Angriffsplan sah vor, daß die Kompanie E des 26th Regiments auf Schlich vorstoßen und die Kompanie F den Ort Merode einnehmen sollte. Die Panzer und Panzerjäger sollten diesen Angriff unterstützen. Doch schon unmittelbar nach Ãœberschreiten des Höhenrückens westlich Merode setzte deutsches Scharfschützenfeuer ein und fügte den vorbeigehenden amerikanischen Infanteristen erhebliche Verluste zu. Oberleutnant Sidney C. Miller, ein Zugführer im 2. Zug der Kompanie F, berichtete mir vor einiger Zeit, dass es seine Aufgabe war, mit seinem Zug das Schloss Merode einzunehmen. Aus diesem Grund wollte er mit dem Gros seines Zuges zwischen dem Forsthaus Merode und dem “Aschenpfädchen” frontal gegen das Schloss angreifen. Die deutsche HKL (Hauptkampflinie) befand sich zu dieser Zeit am westlichen Ortsrand von Merode. Als nun die amerikanischen Angreifer die Freifläche vor dem Wald erreichten, setzte schlagartig schwerer deutscher Artilleriebeschuss ein. Die Amerikaner erlitten erhebliche Verluste und wichen nach rechts auf die Baumreihe entlang des Hohlweges aus. Viele Amerikaner blieben tot oder verwundet auf den Feldern und Wiesen liegen. Sidney C. Miller stürmte mit den wenigen verbliebenen Soldaten den Hohlweg entlang vor und erreichte wenig später durch die Gärten die ersten Häuser von Merode. Hier traf er sogar noch Zivilisten an. Das erste Haus, das in Merode in amerikanische Hand fiel, war das Haus von Justine Lürken an der heutigen Schlossstraße. Sidney C. Miller berichtete weiter, dass von den fast 50 Soldaten seines Zuges nur 4 den Ort Merode erreicht hätten. Alle anderen waren tot oder verwundet. Auch die angreifenden Panzer und Panzerjäger konnten nicht durchbrechen, denn sie fuhren sich in dem schlammigen Hohlweg fest oder wurden durch Artilleriefeuer und Panzerfaust beschädigt. Der Führungspanzer kippte im Hohlweg um und versperrte somit die einzige Zufahrt nach Merode. Die anderen Panzer und Panzerjäger mussten von den Besatzungen aufgegeben werden. Auch die Kompanie E hatte kein Glück. Schlich konnte nicht erreicht werden und so sickerte diese Kompanie ebenfalls in Merode ein. Die Soldaten der Kompanien E und F, welche vor allem in den oberen Teil der Ortschaft Merode eingedrungen waren, wurden nun von den eigenen Linien abgeschnitten und, nachdem die Funkgeräte ausgefallen waren, bestand keine Verbindung mehr zu ihren rückwärtigen Stellungen. Sehnsüchtig warteten die in den Häusern sitzenden Amerikaner nun auf weitere Verstärkung, die aber infolge des deutschen Artilleriebeschusses nicht herangeführt werden konnte. In den frühen Abendstunden des 29. November 1944 schlugen die Fallschirmjäger zurück. Mit Unterstützung eines einzigen Panzers wurde aus der Ortschaft Schlich heraus ein Gegenangriff auf die in Merode eingedrungenen Amerikaner geführt. Dieser Gegenangriff wurde von Oberstleutnant Becker persönlich geleitet. In den Häusern und Kellern, wo man Amerikaner vermutete, schoss man mit der Panzerfaust in die Kellerschächte oder der Panzer schoss in die Häuser. Mehr als 120 Amerikaner sind an diesem Abend in Merode gefallen. Weitere 165, darunter 10 Offiziere, gerieten in Gefangenschaft. Das 26th Infantry verlor in Merode zwei komplette Kompanien und Teile einer dritten. Fünf Sherman Panzer M4A3 und 2 Sturmgeschütze M10 gingen ebenfalls verloren. Das 26th Infantry erlebte hier in Merode die schwerste Niederlage ihrer Geschichte. Am nächsten Tag, dem 30. November 1944, gelang es den Fallschirmjägern, die Amerikaner etwa 500 Meter in den Wald zurückzudrängen. Einzelne amerikanische Kellerstützpunkte hielten sich aber noch bis zum 3. Dezember, bevor auch diese überwältigt werden konnten. Schloss Merode war bei diesem Angriff nicht berührt worden. Es blieb die ganze Zeit über in deutscher Hand. Nicht nur auf amerikanischer Seite, sondern auch bei den Fallschirmjägern hatte es hohe Verluste gegeben. Vor allem war die Verlustrate bei den jungen, unerfahrenen 17-18jährigen Soldaten, die hier ihren ersten Einsatz erlebten, besonders hoch. Nach dem Verlust der Kompanien E und F war das 26th Regiment nicht mehr in der Lage, einen schlagkräftigen Angriff zu führen. Auch das Fallschirmjägerregiment 5, das angeschlagen aus diesen Kämpfen hervorging, war danach nur noch in der Lage, ihre Stellungen um Merode herum zu halten. Am 7. Dezember 1944 wurde die 1st Infantry Division durch die 9th Infantry Division abgelöst und kam in eine Ruhestellung nach Belgien. Die 9th Division, welche in Elsenborn aufgefrischt worden war, sollte nun den nächsten Schlag führen. Am 10. Dezember 1944 griffen das 39th und das 60th Infantry mit Unterstützung des 746th Panzerbataillon aus dem Raum Jüngersdorf, Langerwehe und Luchem in Richtung Düren an. Der Angriffsplan sah vor, dass zunächst das 60th Infantry nördlich der Eisenbahnlinie entlang auf Obergeich, Geich, Echtz und Gut Rothaus vorstoßen sollte. Wenn die Straßenkreuzung bei Gut Rothaus erreicht und gesichert war, sollte das 39th Infantry aus Jüngersdorf heraus südlich entlang der Bahnlinie auf D’horn vorstoßen und den Ort einnehmen. D’horn wurde innerhalb von 30 Minuten genommen. Von D’horn aus sollte nun das II. Bataillon des 39th Infantry auf Schlich und Merode vorstoßen. Gleichzeitig würde das I. Bataillon aus den Wäldern ausbrechen, um die deutschen Fallschirmjäger in Merode einzukesseln. Dieser Angriff, der ein sehr waghalsiges Unternehmen war, wurde von General Collins, dem Kommandeur des VII. Corps, persönlich überwacht. Nachdem D’horn erobert war, rückten Teile des II. Bataillons / 39th Infantry von Nordosten auf Merode vor. Am unteren Ortsrand von Merode schlug den Angreifern schweres Abwehrfeuer entgegen. Die in den Kellern eingerichteten dt. MG-Stellungen konnten erst nach zähem Nahkampf mit Handgranaten ausgeschaltet werden. Der Widerstand in Merode war so hart, dass Haus für Haus im Nahkampf genommen werden musste. Nachdem Teile des 746th Panzer Bataillons und Teile des I. Bataillons / 39th Infantry von Jüngersdorf kommend auf Merode vorrückten, mussten die noch in den Wäldern verbliebenen dt. Fallschirmjäger ihre Stellungen aufgeben und sich zurückziehen, um nicht abgeschnitten zu werden. Nachdem nun der größte Teil von Merode in amerikanischer Hand war, konzentrierte sich der Angriff in den späten Nachmittagsstunden des 10 Dezember 1944 auf Schloss Merode. Teile des Fallschirmjägerregiment 5, welche sich noch immer im Schloss aufhielten, hatten den Torbau mit allerlei Trümmern und Balken verbarrikadiert und dort zwei MG 42 in Stellung gebracht. Diese Maschinengewehre und die in den vielen Fenstern postierten Gewehrschützen schossen auf alles, was sich im Vorfeld bewegte. Schließlich gelang es den Angreifern die MG-Stellung im Torbau von Schloss Merode mit gezielten Bazooka und Panzerfeuer niederzukämpfen und über die Brücke in das Schloss einzudringen und die Besatzung gefangenzunehmen. Einigen Fallschirmjägern gelang aber noch der Ausbruch und sie konnten somit der Gefangenschaft entkommen. Noch am gleichen Abend erschienen General Collins und General Craig, der Kommandeur der 9th US Infantry Division, auf Schloss Merode. Das 39th Infantry Regiment, geführt von Colonel Bond richtete hier seinen Regimentsgefechtsstand ein. Zivilisten waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Merode. Die letzten noch verbliebenen Einwohner wurden Anfang Dezember 1944 von den Fallschirmjägern mit einem Panzer aus dem Ort gebracht. Somit war Schloss und Ort Merode endgültig am 11. Dezember 1944 in amerikanischer Hand! Um den 19. Dezember 1944 wurde die 9th US Infantry Division im Raum Merode abgelöst und in den Raum Kalterherberg-Elsenborn verlegt, um hier den deutschen Vormarsch durch die Ardennen abzuriegeln. Die 104th US Infantry Division übernahm nun den Abschnitt auf der Linie von Inden bis Rölsdorf. Zu diesem Zeitpunkt war das gesamte westliche Rurufer, mit Ausnahme von Obermaubach, in amerikanischer Hand. Die Orte Merode und Schlich wurden vom II. Bataillon des 413th Infantry besetzt, wobei vor allem die Kompanie F/413th Infantry im Raum Merode war. Auch waren hier Teile des 784th Panzer Bataillons, welches überwiegend aus farbigen Soldaten bestand für kurze Zeit eingesetzt. Vom 20. Dezember 1944 haben im hiesigen Gebiet keine nennenswerten Kampfhandlungen mehr stattgefunden, weil der Schwerpunkt der Kämpfe nun in den Ardennen lag. Nach Beendigung der Ardennenoffensive, Mitte Februar 1945, wurde die 8th US Infantry Division in die Front westlich Düren eingeschoben. In Merode und Schlich lagen Teile des 121st Infantry der 8th Infantry Division. Colonel Cross, der Kommandeur des 121st Infantry, hatte seinen Befehlsstand in der alten Schule in Schlich. Am 23. Februar begann mit der Operation “Grenade” die alliierte Offensive gegen dir Rur. In Schloss Merode befand sich während dieser Zeit ein Feuerleitstand für die amerikanischen Jagdbomberverbände der 9th US Air Force. Nach dem 23. Februar 1945 haben die meisten amerikanischen Einheiten Merode und Schlich verlassen. Zurück blieben die zerstörten Orte der Herrschaft, ein verkrüppeltes Schloss, verwüstete und verminte Felder und ein zerschossener Wald. Mehrere hundert Menschenleichen und unzählige Tierkadaver blieben unbeerdigt auf dem Schlachtfeld zurück. Schlussbemerkung: Dies ist lediglich eine kurze Zusammenfassung der damaligen Ereignisse und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich möchte allerdings bemerken, dass ich aufgrund meiner intensiven Arbeit über das Kriegsgeschehen in und um Merode heute klar widerlegen kann, daß Ort und Schloss Merode niemals siebenmal bzw. dreimal den Besitzer gewechselt haben. Auch fanden hier in Merode und Schlich keine Panzergefechte statt, da deutscherseits im gesamten Korpsabschnitt nur noch drei einsatzfähige Panzer vorhanden waren. Die kompletten, von mir zusammengefassten Aufzeichnungen über die Kämpfe in Merode und Umgebung betragen rund 300 Seiten!